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Illustration eines Tasers

Tod mit Taser

Seit 2021 sammeln wir auch Todesfälle nach dem polizeilichen Einsatz von Tasern. Bis vor einigen Jahren waren lediglich Spezialeinheiten damit ausgerüstet. In einigen Bundesländern ist dies bereits auf geschlossene Einheiten der Landespolizei (Bayern) ausgeweitet, in anderen gehören die Geräte zur Grundausstattung mehrerer Polizeipräsidien (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland). In Rheinland-Pfalz ist angeblich jeder Streifenwagen mit einem Taser ausgestattet.

Die Taser-Statistik stellen wir gesondert dar, denn die Elektroschocks führen zu deutlich anderen Todesursachen als Munition aus Schusswaffen. Die Opfer sterben an Herz- oder Kreislaufstillstand, Organversagen oder sie ersticken an Erbrochenem. Warum Taser ein riskantes Einsatzmittel sind, zeigt Professor Andreas Ruch in seinem Beitrag im Verfassungsblog.

Unsere Liste zeigt (mit Stand November 2021), dass Menschen größtenteils innerhalb von Gebäuden getasert werden. Bei allen Getöteten lassen die Presseberichte auf eine psychische Ausnahmesituation bzw. Drogenkonsum schließen.

Chronik der Tasertoten

Innenraum
N.N.
38 Jahre, männlich
Getasert am 30.04.2024
In Landstuhl, Rheinland-Pfalz
Quellen: [1][2]
Laut Polizeipräsidium Westpfalz alamierten Angehörige die Polizei, weil der Mann in seiner Wohnung im Landstuhler Wohngebiet Atzel randaliert haben soll. Er habe sich dabei selbst Schnittwunden zugefügt. Weil er die beiden Polizisten dann angegriffen haben soll, setzten diese in seiner Wohnung den Taser ein. Laut Polizeibericht verlor der Mann daraufhin das Bewusstsein. Die Beamten hätten ihn reanimiert, bis ein Rettungsdienst eintraf. Später starb der Mann aber im Krankenhaus. Wenige Tage später habe eine Obduktion in der Rechtsmedizin der Uniklinik Homburg ergeben, dass die Todesursache morphologisch "nicht sicher fassbar festgestellt werden" konnte. Allerdings vermuteten Ärzte und damit auch die Staatsanwaltschaft eine Herzrhythmusstörung.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
26 Jahre, männlich
Getasert am 06.01.2024
In Mülheim/ Ruhr, Nordrhein-Westfalen
Quellen: [1][2]
Der Guineer ist nach einem Polizeieinsatz in einer Erstaufnahmeeinrichtung gestorben. Die Schilderung lässt auf eine Ausnahmesituation schließen. Der Mann wurde vor seinem Tod 2x mit dem Taser beschossen, angeblich "im Verlauf von Widerstandshandlungen". Die Polizei spricht von einem „dynamische[n] Geschehen“ zunächst in einen Flur, das sich später in einen Innenhof verlagert habe. Der Mann war laut einer Obduktion „erheblich vorerkrankt“. Inwiefern der Taser jedoch todesursächlich war, konnte nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst nicht geklärt werden. Ob der in sozialen Medien als Ibrahim Bary benannte Tote wirklich wie angegeben 26 Jahre alt war, ist unklar. Eine erkennungsdienstliche Behandlung habe laut Polizei gezeigt, dass der Mann in der Vergangenheit verschiedene Alias-Namen und unterschiedliche Geburtsdaten angegeben hatte.
SEK-Beteiligung
Innenraum
N.N.
41 Jahre, männlich
Getasert am 05.11.2023
In Köln, Nordrhein-Westfalen
Quellen: [1]
Der Mann wurde laut der Polizei in einem Mehrfamilienhaus von einem SEK "überwältigt". Dabei kam auch ein Taser zum Einsatz. Die daraufhin "automatisch alarmierte" Besatzung eines Rettungswagen habe einen Notarzt angefordert, da sich der als "Randalierer" Bezeichnete "vor dem Haus und im Streifenwagen nicht beruhigen ließ". Kurz nachdem der Arzt dem kroatischen Staatsangehörigen ein Medikament verabreicht hatte, sei dieser kollabiert und später in einem Krankenhaus gestorben.
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
44 Jahre, männlich
Getasert am 19.10.2022
In Dortmund, Nordrhein-Westfalen
"Aufgrund eines Randalierers" kommt es nach Angaben der Polizei zu einem Einsatz im Ortsteil Dorstfeld, der wohnungslose Mann habe auf der Straße geschrien und gegen Autos geschlagen. Der Betroffene reagiert der Darstellung zufolge mit "Widerstandshandlungen" und will laut Berichten mit einem Streifenwagen fliehen, dabei schlägt er einen Beamten mit der Faust. Daraufhin setzt die Polizei einen Taser ein. Der Mann wird daraufhin "reanimationspflichtig", wie die Polizei schreibt. Er stirbt später im Krankenhaus. Am Nachmittag wird das Obduktionsergebnis veröffentlicht, demnach sei der 44jährige Mann schwer herzkrank gewesen. Zudem seien Anhaltspunkte für eine "erhebliche Alkoholintoxikation" festgestellt worden. Später heißt es aus dem Institut für Rechtsmedizin, dass die Herzerkrankung "derart schwer war, dass es jederzeit zu einer malignen Herzrhythmusstörung bis hin zu einem plötzlichen Herztod kommen konnte". Die Ausstattung der Polizei mit Tasern war in den NRW-Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl im Mai umstritten. CDU und Grüne einigten sich, die Geräte zunächst bis 2024 weiter zu testen, aber mit einer Bodycam zu koppeln.
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
53 Jahre, männlich
Getasert am 06.10.2021
In Neustadt, Rheinland-Pfalz
Quellen: [1]
Weil der Mann auf der Straße schreit und Bewohner*innen nicht in ein Mehrfamilienhaus lässt, wird die Polizei alarmiert. Angeblich reagiert er auf diese aggressiv und greift sie an. Die Beamt*innen bringen ihn zu Boden und fesseln ihn, dabei wird ein Taser eingesetzt, der zum Kreislaufstillstand führt. Eine leicht verletzte Polizistin wird den Berichten zufolge ambulant in einem Krankenhaus behandelt.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
N.N.
39 Jahre, männlich
Getasert am 03.10.2021
In Garbsen, Niedersachsen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2][3]
Der Mann wird eines Sondereinsatzkommandos (SEK) mithilfe eines Tasers überwältigt, nachdem er zunächst selbst den Notruf wählt und wirre Angaben macht. Als die Polizisten bei ihm zu Hause eintreffen, habe er sie mit einem Messer und einem metallischen Gegenstand bedroht. Er stirbt später im Krankenhaus. Im Februar 2022 veröffentlicht die Staatsanwaltschaft Hannover Details zu einem Obduktionsbericht. Demnach nennt die Gerichtsmedizin "multiples Organversagen" als Todesursache, der Mann soll starker Alkoholiker und "seit zwei Tagen auf kaltem Entzug" gewesen sein. Die Untersuchung habe "keinen direkten Zusammenhang mit dem Taser-Einsatz" gefunden. Erst später stellt sich heraus, dass das SEK aus Nordrhein-Westfalen stammte, die Gründe dafür bleiben unklar.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
49 Jahre, männlich
Getasert am 30.04.2019
In Frankfurt, Hessen
Quellen: [1][2]
Die Polizei wird von einem Notarzt zu einem stark übergewichtigen Diabetiker gerufen, der unter einer psychischen Erkrankung gelitten haben soll. Der Mann wehrt sich angeblich aggressiv gegen die Einnahme dringend benötigter Medikamente. Zunächst wurde über eine Stunde versucht, die Situation ohne Zwangsmittel zu lösen. Dann wollen ihn die Beamt:innen mit dem Taser ruhigstellen. Daraufhin kollabiert der Mann, übergibt sich und wird in die Uniklinik gebracht. Dort stirbt er am 4. Mai an einer Lungenentzündung durch sein Erbrochenes und einer Blutvergiftung. Laut einem Obduktionsbericht, zu dem die Staatsanwaltschaft Hannover im Februar 2022 Einzelheiten mitteilte, soll der Mann durch "multiples Organversagen" aufgrund von Alkoholismus bzw. Entzug gestroben sein. Es gebe "keinen direkten Zusammenhang mit dem Taser-Einsatz".
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
56 Jahre, männlich
Getasert am 18.01.2019
In Pirmasens, Rheinland-Pfalz
Quellen: [1][2]
Der Mann soll in die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses gebracht werden, an dem Einsatz sind zwei Beamt*innen des Ordnungsamtes beteiligt, außerdem ein Angehöriger der Betreuungsbehörde der Stadtverwaltung sowie zwei Polizeibeamt*innen. Der Mann wehrt sich angeblich massiv. Um den Unterbringungsbeschluss vollziehen zu können, wird der Taser im Kontaktmodus eingesetzt. Auf dem Weg zum Krankenhaus kollabiert der Mann stirbt und später in der Notaufnahme. Als Todesursache gilt laut dem Obduktionsbericht ein Herzinfarkt. Jedoch sei der Taser mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich gewesen, heißt es dort.
SEK-Beteiligung
Mutm. Alkohol- o. Drogenkonsum
Innenraum
N.N.
43 Jahre, männlich
Getasert am 22.10.2018
In Nürnberg, Bayern
Quellen: [1]
Wegen eines angeblich randalierenden und unter Drogeneinfluss stehenden Mannes sollen Kräfte des SEK diesen überwältigen, dabei wird ein Taser eingesetzt. Nachdem dessen Wirkung nachgelassen hatte, soll der Mann abermals erheblichchen Widerstand geleistet haben. Anschließend wurde er von einem Notarzt sediert, darauf kollabierte der Mann und starb schließlich im Krankenhaus. Ob der Taser zum Tod führte, oder die Injektion, ist nicht gesichert.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
N.N.
63 Jahre, männlich
Getasert am 13.01.2018
In Fulda, Hessen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: [1][2][3]
Erst auf eine parlamentarische Anfrage räumt der Innenminister den Fall eineinhalb Jahre später ein, wonach ein Mann mit einer scharfen Kleinkaliberwaffe in seiner Wohnung geschossen haben soll, und deshalb ein Spezialeinsatzkommando gerufen wurde. Dieses habe den Mann mit einem Taser beschossen, vier Tage später starb das Opfer. Der Taser-Einsatz sei "mitursächlich gewesen".