Seit der Wiedervereinigung wurden mindestens 376 Personen durch Kugeln der deutschen Polizei getötet.
Wir zählen von 1976 bis 1990 außerdem 153 tödliche Schüsse allein in Westdeutschland.
Jedes Jahr veröffentlicht die Konferenz der Innenminister*innen der Bundesländer eine neue Statistik zum polizeilichen Schusswaffengebrauch des Vorjahres. Neben Warnschüssen oder Schüssen auf Tiere und Sachen werden auch Polizeikugeln auf Personen und daraus resultierende Todesfälle gezählt.
Die ab 1984 von den Behörden geführte Aufstellung ist jedoch anonym, es wird nicht auf die einzelnen Taten eingegangen. Die Statistik gibt auch keine Auskunft über die Opfer. Seit 1976 dokumentiert die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP deshalb die Hintergründe zu den durch die Polizei verursachten Todesfällen. Dabei sammeln wir Informationen zur Beteiligung von Sondereinheiten, der Zahl jeweils abgegebener Schüsse und der Situation, in der sich die Schussabgabe zutrug.
So ist etwa von Bedeutung, ob die Getöteten selbst bewaffnet waren, sich womöglich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden oder, wie es häufig geschieht, in ihrer eigenen Wohnung erschossen wurden.
Chronik
zeige 106 von 529 polizeilichen Todesschüsse
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an 75 von 295 Orten
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
Verletzte/getötete Beamte
Vorbereitete Polizeiaktion
Innenraum
N.N.
30 Jahre, männlich
Erschossen am 04.06.1983
In Oberhausen, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Feuergefecht zwischen zwei in einer Wohnung verbarrikadierten von Polizei Gesuchtem.
Vorbereitete Polizeiaktion
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Unbeabsichtigte Schussabgabe
Innenraum
N.N.
24 Jahre, männlich
Erschossen am 12.10.1982
In Tuttlingen, Baden-Württemberg
Quellen: auf Anfrage
Beim Versuch einer Wohnungsdurchsuchung wurde mit entsicherter Waffe die Tür aufgedrückt, unbeabsichtigter Schuß.
Unbeabsichtigte Schussabgabe
Innenraum
G. Jungling
33 Jahre, männlich
Erschossen am 27.06.1982
In Ortenberg, Hessen
Quellen: auf Anfrage
Funkstreife wird zum vermeintlichen Einbruch gerufen, Handgemenge mit Wohnungseigentümer, dabei löste sich ein Schuß.
Vorbereitete Polizeiaktion
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
Rolf Schroer
31 Jahre, männlich
Erschossen am 31.12.1980
In Saarbrücken, Saarland
Quellen: auf Anfrage
Die Polizei wurde von der Ehefrau gerufen, die sich bedroht fühlte als der Mann in deren Wohnung randaliert.
Vorbereitete Polizeiaktion
Innenraum
Dietmar Marx
Alter: unbekannt, männlich
Erschossen am 24.10.1980
In Berlin
Quellen: auf Anfrage
Opfer wurde in der Wohnung von Polizei erschossen, allerdings handelte es sich nicht um den eigentlich erwarteten Wohnungseigentümer.
Vorbereitete Polizeiaktion
Innenraum
Peter Leupold
31 Jahre, männlich
Erschossen am 19.10.1978
In Amberg, Bayern
Bewaffnet mit Gas-/ Schreckschusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Bei einem Festnahmeversuch in der Wohnung droht der Mann mit einer Gaspistole, er wird schließlich durch die geschlossene Tür erschossen.
Schusswechsel
Vorbereitete Polizeiaktion
Innenraum
Alfred S.
25 Jahre, männlich
Erschossen am 12.10.1977
In Königsbronn, Baden-Württemberg
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Beim Versuch, mit zehn Beamt*innen einen Gesuchten in seiner Wohnung festzunehmen, gibt dieser einen Schuss ab, ein Beamter feuert zurück und trifft ihn tödlich.
SEK-Beteiligung
Vorbereitete Polizeiaktion
Innenraum
Elisabeth von Dyck
28 Jahre, weiblich
Erschossen am 04.05.1979
In Nürnberg, Bayern
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Beim Betreten der Wohnung durch wartende Beamt*innen wird die als Terroristin Gesuchte erschossen, nachdem sie angeblich in den Hosenbund greift wo sich eine Waffe befindet.
Mutm. Alkohol- o. Drogenkonsum
Innenraum
Klaus Beinert
24 Jahre, männlich
Erschossen am 08.01.1978
In Frankfurt am Main, Hessen
Quellen: auf Anfrage
Bei einer Treppenhausrangelei vor der Wohnung eines Kripo-Beamten erschiesst dieser das betrunkene Opfer, das ihn angeblich angegriffen habe. Später wird festgestellt, dass er in Notwehr gehandelt habe.
Schusswechsel
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
36 Jahre, männlich
Erschossen am 05.02.2004
In Düren, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Als Polizeibeamt*innen einen Mann abholen wollen, der zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen werden soll, werden sie aus dessen Wohnung beschossen. Sie schießen zurück und treffen den Mann tödlich.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. Alkohol- o. Drogenkonsum
Innenraum
N.N.
41 Jahre, männlich
Erschossen am 13.04.1999
In Lambrecht, Rheinland-Pfalz
Bewaffnet mit Schlagwaffe
Quellen: auf Anfrage
Ein Betrunkener randaliert in seiner Wohnung und legt Feuer. Als Polizeibeamt*innen eintreffen, greift er sie mit zwei Eisenstangen an. Einer der Beamt*innen schießt daraufhin auf den Mann und verletzt ihn schwer. Im Krankenhaus stirbt der Mann.
Schusswechsel
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
N.N.
42 Jahre, männlich
Erschossen am 13.03.1995
In Wuppertal, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Die Polizei wird zu einer Wohnung gerufen, in der ein Mann sein frühere Partnerin mit einer Pistole bedroht. Beim Eintreffen der Beamt*innen schießt er auf eine Polizistin und verletzt sie leicht. Ihr Kollege erschießt den Mann.
Nachbar*innen alarmieren die Polizei und Feuerwehr, nachdem ein psychisch auffälliger Mann damit gedroht hat, sich umzubringen. Als die Beamt*innen gewaltsam in die Wohnung eindringen, greift der Mann sie mit einem Messer an. Daraufhin schießen diese auf ihn.
SEK-Beteiligung
Vorbereitete Polizeiaktion
Unbeabsichtigte Schussabgabe
Innenraum
N.N.
45 Jahre, männlich
Erschossen am 13.12.1999
In Siegen, Nordrhein-Westfalen
Mit einem Schuss
Quellen: auf Anfrage
Nach einer Schießerei vor einer Diskothek stürmen mehrere SEK-Beamte die Wohnung eines Verdächtigen. In einem Handgemenge mit dessen Vater löst sich laut Aussagen des Beamten ein Schuss aus seiner Dienstwaffe. Das Projektil trifft den Mann in den Kopf.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
Henner Dobrick
52 Jahre, männlich
Erschossen am 25.01.1995
In München, Bayern
Bewaffnet mit Spielzeugschusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Nach einem Notruf, wonach mit einem Kleinkalibergewehr auf Passant*innen geschossen worden sei, stürmen drei Polizeibeamt*innen eine Wohnung. Der Bewohner gilt als psychisch labil, aber gutmütig. Er tritt den Beamt*innen mit zwei Spielzeugpistolen entgegen. Nach Warnschüssen erschießen sie ihn.
Laut Polizei hat der Mann am Samstagnachmittag wahllos aus dem Fenster geschossen. Verletzt wurde niemand. Spezialkräfte stürmten die Wohnung. Als der Mann eine Waffe auf die Beamten richtete, wurde er erschossen. Der Polizei zufolge handelte es sich um eine Schreckschusswaffe.
Gegen einen wegen Kindesmissbrauch und Zuhälterei gesuchten Mann soll ein Haftbefehl vollstreckt werden. Da bekannt ist, dass er bewaffnet ist, wird ein SEK beauftragt. Als die Beamt*innen die Wohnungstür aufbrechen, schießt der Mann und wird in dem folgenden Schusswechsel getötet.
Schusswechsel
Innenraum
N.N.
45 Jahre, männlich
Erschossen am 12.05.1985
In Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: auf Anfrage
Der Mann hat mit einer Waffe mehrere Hausbewohner bedroht und verschwindet dann in seinem Appartment. Die gerufenen Polizeibeamt*innen dringen gewaltsam in die Wohnung ein, worauf der Mann zwei Schüsse aus seinem Schreckschussrevolver abfeuert, daraufhin schießt ein Beamter gezielt auf den Mann.
Bei der Vollstreckung eines Haftbefehls soll sich der Gesuchte nach Angaben der Polizei in seiner Wohnung mit einem Küchenmesser bewaffnet und der Festnahme widersetzt haben. Im Zuge der Auseinandersetzung habe ein Beamter seine Schusswaffe eingesetzt. Trotz Reanimationsversuchen verstarb der Mann noch vor Ort.
Die Polizei wird alarmiert, weil ein Mann von seinem Balkon Schüsse abgibt. Bei ihrem Eintreffen werden die Beamt*innen beschossen und mit einem Laser geblendet. Daraufhin wird ein SEK angefordert, welches die Wohnung stürmt. Als der Mann auf die Beamten zielt, wird er erschossen.
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