Polizeiliche Todesschüsse

Seit der Wiedervereinigung wurden mindestens 350 Personen durch Kugeln der deutschen Polizei getötet.

Wir zählen von 1976 bis 1990 außerdem 152 tödliche Schüsse allein in Westdeutschland.
Jedes Jahr veröffentlicht die Konferenz der Innenminister*innen der Bundesländer eine neue Statistik zum polizeilichen Schusswaffengebrauch des Vorjahres. Neben Warnschüssen oder Schüssen auf Tiere und Sachen werden auch Polizeikugeln auf Personen und daraus resultierende Todesfälle gezählt.
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Die ab 1984 von den Behörden geführte Aufstellung ist jedoch anonym, es wird nicht auf die einzelnen Taten eingegangen. Die Statistik gibt auch keine Auskunft über die Opfer. Seit 1976 dokumentiert die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP deshalb die Hintergründe zu den durch die Polizei verursachten Todesfällen. Dabei sammeln wir Informationen zur Beteiligung von Sondereinheiten, der Zahl jeweils abgegebener Schüsse und der Situation, in der sich die Schussabgabe zutrug.
So ist etwa von Bedeutung, ob die Getöteten selbst bewaffnet waren, sich womöglich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden oder, wie es häufig geschieht, in ihrer eigenen Wohnung erschossen wurden.

Chronik

zeige 103 von 502 polizeilichen Todesschüsse
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Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
Alter: unbekannt, weiblich
Erschossen am 21.10.2024
In Aachen, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2]
Bei dem Polizeieinsatz in Gangelt bei Aachen wollen die Beamt*innen aus Notwehr gehandelt haben. Die Frau habe mit einem Messer und einer Schere gedroht, dem WDR zufolge mit einem Messer und einer Glasscherbe. Sie soll sich in einem Zustand psychischer Verwirrung befunden haben. Der Vorfall ereignete sich in einem Hinterhof in einer Straße mit Wohnhäusern, nahe einem Gewerbegebiet. Dort habe die Frau in einem Mehrfamilienhaus gelebt. Sie soll in Behandlung in den sogenannten Gangelter Einrichtungen, einer Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, gewesen sein und die Station unerlaubt verlassen haben.
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
N.N.
32 Jahre, männlich
Erschossen am 11.10.2024
In Bochum, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Hiebwaffe
Quellen: [1][2]
Der Mann soll die nach einem Notruf eintreffenden Beamt*innen mit einem Hammer angegriffen haben. Daraufhin zogen diese ihre Dienstwaffen, schossen aber nicht. Da nach Darstellung der Polizei nicht auszuschließen gewesen sei, dass der Mann weitere Waffen hatte, seien Spezialeinsatzkräfte hinzugezogen worden. Diese gaben die tödlichen Schüsse bei der Stürmung der Wohnung ab, nachdem sich der Mann dort verbarrikadierte.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
46 Jahre, männlich
Erschossen am 31.08.2024
In Berlin
Mit 19 Schüssen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: [1][2][3][4]
Laut Polizei soll der Mann auf einem Wohnwagenplatz einen 49-Jährigen mit einer Schusswaffe bedroht haben - eine Druckluftpistole, wie sich später herausstellte. Dieser blieb unverletzt und alarmierte die Polizei, nachdem es ihm gelungen war, den Angreifer zu vertreiben, so die Darstellung. Einem Springer-Medium zufolge habe der 46-Jährige zuvor auch mehrere Sinti*zze und Rom*nja auf dem Gelände des Trailerparks rassistisch bedroht. Spezialkräfte der Polizei hätten den mutmaßlichen Täter in einem Mehrfamilienhaus lokalisiert, in dem sich offenbar viele Sozialwohnungen befinden. Als das SEK die Wohnung betrat, soll der Mann sofort das Feuer eröffnet haben. Die Polizisten schossen daraufhin 19 Schüsse ab. Laut RBB sei der Mann zuvor wegen psychischer Probleme betreut worden.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
26 Jahre, männlich
Erschossen am 27.08.2024
In Moers, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2]
Nach Darstellung von Polizei und Staatsanwaltschaft war eine Streifenwagenbesatzung am Nachmittag ausgerückt, weil ein Mann Passant*innen tätlich angegriffen und bedroht haben soll. Auch die Beamt*innen sollen von dem Mann mit zwei Messern in den Händen angegriffen worden sein. "Im weiteren Einsatzverlauf kam es zu einem Schusswaffengebrauch durch Polizeibeamte", so die Mitteilung. Laut späteren Medienberichten habe der Mann auf der Straße ""Auf die Bullen! Auf die Bullen!‘" gerufen. Er soll "öfter in der Psychiatrie" gewesen sein und häufiger "Ausraster" gehabt haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
Christine H.
31 Jahre, weiblich
Erschossen am 19.08.2024
In München, Bayern
Mit 4 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2][3][4]
Wegen einer angeblichen Körperverletzung hatte eine Anruferin die Polizei alarmiert und das spätere Opfer verfolgt. Die 31-jährige Münchnerin wurde schließlich in einem Supermarkt von der Polizei angetroffen und soll daraufhin „in einem Abstand von wenigen Metern“ ein Messer gezogen haben. Die Beamt*innen hätten Pfefferspray eingesetzt und schließlich geschossen, so die polizeiliche Darstellung. Die Getötete soll Berichten zufolge mindestens dreimal wegen Eigen- und Fremdgefährdung in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen worden sein. Später wurde offenkundig, dass die Frau zuvor eine SMS an einen Bekannten geschrieben hat, dass sie "heute sterben" werde und sich "auf den Weg" mache. Anschließend soll sie ihren ehemaligen Partner und dessen neue Freundin getroffen und mit diesen gestritten haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
39 Jahre, männlich
Erschossen am 31.07.2024
In Oberkirch, Baden-Württemberg
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1]
Nach einer Mitteilung seien Einsatzkräfte davon ausgegangen, dass von dem psychisch auffälligen 39-Jährigen in seiner Wohnung "eine Gefährdung Dritter, verbunden mit einer akuten Suizidandrohung ausgeht", schreibt die Polizei zum Hergang. Die Beamt*innen hätten den Mann schließlich blutend vorgefunden. "Nach derzeitigem Sachstand" sei dieser in seiner Wohnung mit einem Messer auf die Beamten losgegangen. "Es kam zum Schusswaffengebrauch", heißt es weiter. Der Mann verstarb noch vor Ort.
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
N.N.
51 Jahre, männlich
Erschossen am 14.06.2024
In Hamburg
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: [1]
Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) erschoss den Mann, der nach Angaben der Polizei das Feuer auf die Beamt*innen eröffnet hatte. Er soll zuvor versucht haben, seinen Vater anzuzünden. Deshalb war die Polizei von Bewohner*innen eines Mehrfamilienhauses alarmiert worden. Das SEK wurde schließlich zur Verstärkung gerufen. Laut Polizei könnte sich der 51-Jährige in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
27 Jahre, männlich
Erschossen am 14.06.2024
In Wolmirstedt, Sachsen-Anhalt
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2][3][4]
Der aus Afghanistan stammende Mann hat mehrere Menschen auf einer privaten EM-Party angegriffen und drei von ihnen schwer verletzt, nachdem er vorbeifahrende Fahrzeuge "angeschrien" hatte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Magdeburg hat er zuvor bereits in der Nähe einen Mann mit ebenfalls afghanischer Staatsbürgerschaft mit einem Messer erstochen. Mit der Tatwaffe habe er auch die alarmierten Polizeibeamten angegriffen. Der Mann wurde als psychisch auffällig und in einem Ausnahmezustand beschrieben. Er starb im Krankenhaus. Bei der Obduktion soll herausgekommen sein, dass die Schüsse im oberen Halsbereich, im Oberkörper sowie im Lendenbereich getroffen haben sollen. Mindestens einer der Treffer sei tödlich gewesen.
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Lamin Touray
46 Jahre, männlich
Erschossen am 30.03.2024
In Nienburg, Niedersachsen
Mit 8 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Laut einer Polizeisprecherin habe es eine "Bedrohungslage" gegeben, da der Mann aus Gambia seine Freundin mit einem Messer bedroht habe, diese habe fliehen können und die Polizei alarmiert. Jedoch widersprechen die Frau und ein Freund dieser Darstellung Tage später. Die Freundin sagt aus, einen Rettungswagen wegen der psychischen Probleme des Mannes gerufen zu haben. Den stattdessen eingetroffenen Beamt*innen habe sie angeboten, das spätere Opfer zu beruhigen. Der Mann habe nicht auf Aufforderungen der Beamt*innen reagiert, heißt es von der Polizei, und den von der Leine gelassenen Polizeidiensthund mit einem Messer schwer verletzt. Schließlich habe er auch die Polizist*innen mit dem Messer angegriffen. Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigt, dass die Polizei zunächst zwei Schüsse, anschließend eine Salve aus weiteren fünf und dann einen achten Schuss abgaben. Alle Projektile trafen den Mann, bestätigte die Staatsanwaltschaft Verden nach der Obduktion, davon seien zwei sogenannte "Wirkungstreffer" gewesen. Unter anderem seien die Leber und das Herz verletzt worden, der Mann sei deshalb sofort gestorben. Eine Polizistin soll außerdem durch einen Schuss am Bein verletzt worden sein. Später hieß es seitens der Polizei, ein Polizist habe Messerangriffe des Mannes mit einem Schild abgewehrt, so zeigten es Aufnahmen einer Bodycam. In einem üblichen Todesermittlungsverfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 14 beteiligte Polizeikräfte wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Auch ein Nachbar sagte später über den getöteten Mann, dieser habe auf ihn "einen verwirrten Eindruck" gemacht. Im Nachgang wurde bekannt, dass der 46-Jährige zwei Tage zuvor wegen Fahrens ohne Fahrschein von Bundespolizisten auf die Wache am Bahnhof Harburg gebracht worden war. Dort soll der Mann die Beamten mit einem versteckt getragenen Messer attackiert und "Allahu Akbar" gerufen haben. Drei Bundespolizisten sollen dabei verletzt worden sein. Am 26. April wird bekannt, dass die Polizeidirektion Göttingen einem Beamten aus Nienburg, der an dem tödlichen Polizeieinsatz vom Karsamstag beteiligt war, das Führen der Dienstgeschäfte vorläufig untersagt und dienstrechtliche Ermittlungen aufgenommen hat. Der Diensthundeführer hatte rechte und verschwörungsideologische Inhalte in sozialen Netzwerken geteilt und kommentiert. Im September 2024 werden die Ermittlungen zu den tödlichen Polizeischüssen schließlich eingestellt. Laut Staatsanwaltschaft seien alle Deeskalationsversuche ausgeschöpft gewesen, bevor Touray, der Polizist*innen mit einem Messer bedroht habe.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
40 Jahre, männlich
Erschossen am 30.01.2024
In Frankfurt am Main, Hessen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2]
Drei Polizisten haben auf den Frankfurter mit argentinisch-spanischer Staatsangehörigkeit geschossen, der Berichten zufolge zuvor – offenbar wahllos – zwei Frauen im Stadtteil Sachsenhausen mit einem Messer angegriffen hatte. Eine der Frauen wurde dabei im Gesicht und am Hals verletzt. Als die alarmierten Einsatzkräfte am Tatort eintrafen, sei die Situation eskaliert. Der Mann hatte in einer Einrichtung für Personen mit psychischen Beeinträchtigungen gelebt. Womöglich durch einen Querschläger wurde außerdem ein 21 Jahre alter Mann verletzt. Zeugen hatten zunächst von vier abgegebenen Schüssen gesprochen, es sollen jedoch weitaus mehr sein.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Ertekin Özkan
49 Jahre, männlich
Erschossen am 23.12.2023
In Mannheim, Baden-Württemberg
Mit 4 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Der Mann soll den Notruf gewählt und angegeben haben, eine Straftat begangen zu haben, offenbar hatte er sich mit einem Messer selbst verletzt. Eine daraufhin eingetroffene Streife mit drei Beamten sei von dem 49-Jährigen auf der Straße mit dem Messer bedroht worden. "Im Verlauf des Einsatzgeschehens machten die Einsatzkräfte von ihrer Schusswaffe Gebrauch", schreiben Staatsanwaltschaft und Polizei. Der Mann wurde von vier Schüssen getroffen. Berichten zufolge hat die Polizei den Sterbenden anschließend umgedreht und ihm Handschellen angelegt. Erst danach hätten die Beamten Reanimationsmaßnahmen durchgeführt, der Verletzte starb schließlich im Krankenhaus. Ein in Sozialen Medien kursierendes Video zeigt den Mann mit nacktem Oberkörper vor drei Polizeibeamten. Diese fordern ihn auf, sein Messer wegzulegen. Als er daraufhin langsam auf die Beamten zugeht, fallen vier Schüsse. Laut BILD-Zeitung habe der Tote einen "türkischen Migrationshintergrund". Die 18-jährige Tochter des verstorbenen Mannes erklärte dem SWR, ihr Vater habe schon immer psychische Probleme gehabt, dies sei auch der Polizei bekannt gewesen. Ihr zufolge hätte er "niemandem etwas angetan". Die Angehörigen sollen die Polizei bei dem Einsatz angefleht haben, dass die Mutter und auch die Schwester den Mann während seiner Ausnahmesituation beruhigen wollten, auch ein Onkel wurde dazu herbeigerufen. Die Polizei habe dies verhindert. Am 29. Mai 2024 hat die Staatsanwaltschaft Mannheim die Ermittlungen gegen den Polizisten, der Ertekin Ö. erschossen hat, "wegen erwiesener Unschuld" eingestellt. Er habe auf den 49-jährigen Mann in Notwehr geschossen. Das LKA hatte im Rahmen seiner Ermittlungen umfangreiches Material gesammelt, darunter mehrere Handyvideos.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
30 Jahre, männlich
Erschossen am 11.10.2023
In Delbrück, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1]
Laut einer Pressemitteilung der Polizei Bielefeld und der Staatsanwaltschaft Paderborn soll der Mann einen 27-jährigen Polizeibeamten mit einem "längeren Küchenmesser" angegriffen haben. Dieser schoss ihm daraufhin in den Kopf. Der Erschossene soll sich in einem „psychischen Ausnahmezustand“ befunden haben, so die Polizei, deshalb habe der Beamte aus Notwehr gehandelt. Der Mann sei mit Suizidabsichten als vermisst gemeldet gewesen und auch unter Einsatz eines Hubschraubers gesucht worden. Nach Hinweisen zu dem Aufenthaltsort des Gesuchten seien die Polizist*innen ohne psychologische Unterstützung dorthin gefahren. Eine solche Expert*in hätte „auf die Schnelle“ nicht zum Einsatzort beordert werden können, sagte eine Sprecherin später. Ersten Angaben nach waren die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
Rainer M.
56 Jahre, männlich
Erschossen am 17.08.2023
In Duisburg, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1]
Der Mann sollte am frühen Nachmittag von Rettungssanitätern in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden, habe sich aber "vehment" gewehrt. Daraufhin hätten die Sanitäter die Polizei gerufen. Das spätere Opfer soll die Einsatzkräfte im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses in Neuenkamp mit einem Messer attackiert haben. Diese hätten zuvor einen Taser gegen den Mann eingesetzt, erklärte der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) außerplanmäßig dem Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf. Die WAZ zitiert eine Frau, die drei Schüsse gehört haben will. Rettungssanitäter sollen auf der Straße erfolglos versucht haben, den Mann zu reanimieren.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
35 Jahre, männlich
Erschossen am 05.06.2023
In Ingolstadt, Bayern
Quellen: [1][2][3][4]
Gegen 10.15 Uhr sei der Einsatzzentrale mitgeteilt worden, dass sich eine Person im Osten der Stadt in einer psychischen Ausnahmesituation befinden soll. Der von den Beamt*innen unbekleidet auf Bahngleisen Angetroffene soll seinen Suizid angekündigt haben, eine polizeiliche Verhandlungsgruppe und Spezialkräfte hätten über mehrere Stunden vergeblich versucht, ihn zur Aufgabe zu überreden. Ein Festnahmeversuch sei am Widerstand des Mannes gescheitert, auch Schlagstöcke gegen die Beine und Pfefferspray seien eingesetzt worden. Dann sei das spätere Opfer unvermittelt aus einem Gebüsch gesprungen und mit einem "großen Stück Holz" auf einen SEK-Beamten zugelaufen, dieser habe geschossen. Ein Jahr später erklärt die Staatsanwaltschaft Ingolstadt, dass sie kein weiteres Ermittlungsverfahren gegen die Beamten des SEK aus München einleiten wird. Diese hätten „keine rechtswidrigen, also strafrechtlich verfolgbaren, Taten begangen“. Laut der Mitteilung wurde der Mann von zwei Projektilen in den Bauch und in die Brust getroffen. Der laut Staatsanwaltschaft „durchtrainierte, kräftige und großgewachsene“ und deshalb für das SEK bedrohliche Mann ist nach einem Medienbericht nur 1,74 Meter groß gewesen. Die chemisch-toxikologische Untersuchung habe ergeben, dass er „massiv unter dem Einfluss von Amphetaminen“ stand.
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
32 Jahre, männlich
Erschossen am 17.03.2023
In Jarmen, Mecklenburg-Vorpommern
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2][3]
Der Mann soll mit einem Messer einen Polizeibeamten, der mit zwei Kollegen vor Ort war, angegriffen und schwer verletzt haben. „Daraufhin kam es zur Schussabgabe aus der Dienstwaffe, um den 32-jährigen deutschen Tatverdächtigen angriffsunfähig zu machen“, schreibt die Polizei in ihrer Pressemitteilung. Der Einsatz soll gegen 17.50 Uhr erfolgt sein, nachdem Beamt*innen zu dem Haus gerufen worden seien. Laut dem NDR habe die Polizei gewusst, dass sich der Mann einer psychischen Ausnahmesituation befand.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Markus M.
34 Jahre, männlich
Erschossen am 07.03.2023
In Senftenberg, Brandenburg
Mit 11 Schüssen
Bewaffnet mit Hiebwaffe
Quellen: [1][2]
Nach Angaben der Beamt*innen habe sie Markus M. mit einem „axtähnlichen Gegenstand“ angegriffen. Daraufhin hätten sie sich „gezwungen“ gesehen, von der Dienstwaffe Gebrauch zu machen, schreibt die Polizei in ihrer Pressemitteilung. Umgehend eingeleitete Reanimationsversuche seien erfolglos geblieben, ein Notarzt habe vor Ort nur noch den Tod des 34-jährigen feststellen können. Die weiteren Ermittlungen werden durch die Staatsanwaltschaft Cottbus geführt. Die "BZ" schreibt, zwei Polizisten hätten mit Maschinenpistolen geschossen und zählt elf Einschusslöcher im Treppenhaus.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Robert B.
46 Jahre, männlich
Erschossen am 12.01.2023
In Mosbach, Baden-Württemberg
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1][2]
Mutmaßlich in einem psychischen Ausnahmezustand nähert sich der mit einem Messer bewaffnete Mann der Wohnung seiner Ex-Partnerin im Stadtteil Neckarelz, Zeug*innen rufen daraufhin die Polizei. Vor Ort sei diese von dem Mann angegriffen worden, daraufhin hätten die Beamt*innen zunächst Reizgas eingesetzt und dann geschossen. Der Mann erlag vor Ort seinen Verletzungen. Angeblich sei er bereits wegen häuslicher Gewalt aktenkundig gewesen, so die Polizei, und habe sich in psychiatrischer Behandlung befunden.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
David W.
40 Jahre, männlich
Erschossen am 10.12.2022
In Dresden, Sachsen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Quellen: [1][2]
Nachdem der Mann eine Frau und ein Kind als Geiseln genommen hat, werden diese von der Polizei befreit. Bei diesem Zugriff durch SEK-Beamte stirbt der Mann. Vorher soll er eine seine Mutter im Stadtteil Prohlis getötet haben. Zudem habe er versucht, mit einer Schusswaffe in einen Radiosender zu gelangen.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mohamed Lamine Dramé
16 Jahre, männlich
Erschossen am 08.08.2022
In Dortmund, Nordrhein-Westfalen
Mit 6 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Ein Betreuer meldet der Polizei, dass auf einem Kirchengelände, wo sich eine Wohngruppe für unbegleitete Geflüchtete befindet, ein dort wohnender Jugendlicher mit einem Messer herumlaufe. Angeblich soll er in suizidaler Absicht Stiche in seinen Bauch angedeutet haben. Berichten zufolge greift der aus dem Senegal stammende Teenager die eintreffenden Polizist*innen mit dem Messer an, diese stellen sich aber später als falsch heraus. Daraufhin schießt ein Beamter sechs Mal aus einer Maschinenpistole. Schwer verletzt von vier Treffern in den Bauch, in den Kiefer, in den Arm und die Schulter stirbt der Teenager im Krankenhaus. Zuvor hat die Polizei auch Pfefferspray und einen Taser eingesetzt. Gegen fünf Beamt*innen wird wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag ermittelt. Mitgeführte Bodycams hätten die Beamt*innen aufgrund der "Stresssituation" nicht angeschaltet. Das Innenministerium NRW verbreitet später, diese seien aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht genutzt worden, da Suizide nicht gefilmt werden dürften. Ein toxikologisches Gutachten ergibt keine Hinweise auf den Konsum von Alkohol oder Rauschmitteln. Ein Bericht für den Rechtsausschuss des Landtags stelt später fest, dass der erste Schuss aus der Maschinenpistole nur 0,717 Sekunden nach einem „wahrnehmbaren Tasergeräusch“ fiel. Zudem wurde Dramé auch vorher nicht gewarnt, dass Pfefferspray eingesetzt wird. Erst dadurch eskalierte die Lage.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. Alkohol- o. Drogenkonsum
Innenraum
Jouzef Berditchevski
48 Jahre, männlich
Erschossen am 03.08.2022
In Köln, Nordrhein-Westfalen
Mit 2 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Polizist*innen in Zivil begleiten eine Gerichtsvollzieherin, um die Zwangsräumung eines 48-Jährigen im Stadtteil Ostheim durchzusetzen. Angeblich greift der Mieter, der zuvor Drohungen für den Fall seiner Räumung ausgesprochen haben soll, die Gruppe mit einem Messer an. Die Beamten setzen nach eigenen Angaben zunächst Pfefferspray ein und töten ihn schließlich mit der Schusswaffe, er stirbt nach zwei Treffern in der Wohnung. Medienberichten zufolge sei der Mann im Juni beim Amtsgericht Köln wegen Widerstand gegen Beamt*innen angeklagt worden, nachdem er seinen Suizid ankündigte und sich gegen die deshalb gerufene Polizei zur Wehr setzte. Der Tote war in Köln als Musiker bekannt. Nach einem halben Jahr wird das Todesermittlungsverfahren eingestellt.
Die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP liefert seit 1978 kritische Analysen zur Politik und Praxis Innerer Sicherheit in Deutschland und Europa.
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