Polizeiliche Todesschüsse
Seit der Wiedervereinigung wurden mindestens 359 Personen durch Kugeln der deutschen Polizei getötet.
Wir zählen von 1976 bis 1990 außerdem 153 tödliche Schüsse allein in Westdeutschland.
Jedes Jahr veröffentlicht die Konferenz der Innenminister*innen der Bundesländer eine neue Statistik zum polizeilichen Schusswaffengebrauch des Vorjahres. Neben Warnschüssen oder Schüssen auf Tiere und Sachen werden auch Polizeikugeln auf Personen und daraus resultierende Todesfälle gezählt.
Die ab 1984 von den Behörden geführte Aufstellung ist jedoch anonym, es wird nicht auf die einzelnen Taten eingegangen. Die Statistik gibt auch keine Auskunft über die Opfer. Seit 1976 dokumentiert die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP deshalb die Hintergründe zu den durch die Polizei verursachten Todesfällen. Dabei sammeln wir Informationen zur Beteiligung von Sondereinheiten, der Zahl jeweils abgegebener Schüsse und der Situation, in der sich die Schussabgabe zutrug.
So ist etwa von Bedeutung, ob die Getöteten selbst bewaffnet waren, sich womöglich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden oder, wie es häufig geschieht, in ihrer eigenen Wohnung erschossen wurden.
Chronik
512 polizeiliche Todesschüsse
512 polizeiliche Todesschüsse
an 289 Orten
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
35 Jahre, männlich
Erschossen am 18.12.2024
In Göttingen, Niedersachsen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Der mutmaßlich psychisch kranke Göttinger soll die gegen 17:30 Uhr eintreffenden Beamt*innen zuvor unvermittelt mit einem Messer angegriffen und dabei einen von ihnen im Bereich des Oberkörpers verletzt haben. Der Polizist gab daraufhin einen Schuss aus seiner Dienstwaffe ab. Der Mann soll kurz vor Eintreffen der Polizei eine Frau grundlos angegriffen und geschubst haben. Opfer und Täter kannten sich nach ersten Informationen nicht. Von ihrer Wohnung aus alarmierte die Göttingerin die Polizei.
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
N.N.
35 Jahre, männlich
Erschossen am 09.12.2024
In Traunstein, Bayern
Bewaffnet mit Stichwaffe
Quellen: [1]
Der Mann hatte selbst den Notruf gewählt und erklärt, seine Mutter als Geisel genommen zu haben. Die Polizei umstellte das Haus in Grassau (Landkreis Traunstein), beim Klingeln an der Tür kam es zum Angriff. Nach Darstellung der Polizist*innen seien diese von dem Mann unvermittelt mit einem Messer angegriffen worden, woraufhin die Beamt*innen ihn durch Schüsse gestoppt hätten. Der 35-Jährige erlag noch vor Ort seinen Verletzungen. Weder die Mutter noch die Polizist*innen wurden verletzt.
Verletzte/getötete Beamte
Innenraum
Die Polizei war nach eigenen Angaben gegen 21.50 Uhr wegen einer gemeldeten Ruhestörung zu einer Wohnung gerufen worden. Der Mann soll im Treppenhaus plötzlich die Einsatzkräfte mit einem Gegenstand angegriffen haben. Daraufhin gab ein Polizist einen Schuss ab. Der Mann erlitt lebensgefährliche Verletzungen und verstarb im Krankenhaus. Auch ein 24-jähriger Polizist soll schwere Verletzungen erlitten haben und wurde stationär in einem Krankenhaus behandelt. Eine Beamtin und ein Beamter erlitten leichte Verletzungen.
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Innenraum
Die Polizei war am Vormittag aufgrund eines heftigen Streits in einer Wohnung alarmiert worden. Vor Ort trafen die Beamt*innen auf den Mann und eine 41-jährige Frau, die in den Streit involviert waren. "Im Rahmen des Einsatzes musste von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden", sagte eine Polizeisprecherin. Demnach starb der Mann noch am Einsatzort. Die 41-Jährige blieb unverletzt. In welcher Beziehung die beiden Personen zueinander standen, sei bekannt, könne aber aus ermittlungstechnischen Gründen nicht veröffentlicht werden. Medienberichte, die von einem Messerangriff des Mannes sprechen, wollte die Polizeisprecherin weder kommentieren noch dementieren.
Innenraum
N.N.
20 Jahre, weiblich
Erschossen am 24.10.2024
In Schwalmstadt, Hessen
Bewaffnet mit Gas-/ Schreckschusswaffe
Nach ersten Angaben des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft Marburg hatte die demnach polizeibekannte 20-Jährige am frühen Morgen im Außenbereich der Schwalmstädter Wache auf Beamt*innen geschossen. Diese eröffneten daraufhin das Feuer und verletzten die Frau schwer. Wenig später starb sie im Rettungswagen. Später änderte die Polizei ihre Darstellung. Demnach sei die Frau ohne festen Wohnsitz wegen Trunkenheit im Verkehr sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf die Polizeistation verbracht. Nach ihrer Entlassung sei sie dorthin zurückgekehrt, blieb aber im Hof in ihrem Fahrzeug sitzen. Als sich drei Polizeibeamte und eine Polizeibeamtin dem Auto genähert hätten, sei sie ausgestiegen und habe mit einer Schusswaffe gedroht. Jedoch handelte es sich dabei um eine Softair-Waffe, ergaben anschließende Ermittlungen.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
Alter: unbekannt, weiblich
Erschossen am 21.10.2024
In Aachen, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Bei dem Polizeieinsatz in Gangelt bei Aachen wollen die Beamt*innen aus Notwehr gehandelt haben. Die Frau habe mit einem Messer und einer Schere gedroht, dem WDR zufolge mit einem Messer und einer Glasscherbe. Sie soll sich in einem Zustand psychischer Verwirrung befunden haben. Der Vorfall ereignete sich in einem Hinterhof in einer Straße mit Wohnhäusern, nahe einem Gewerbegebiet. Dort habe die Frau in einem Mehrfamilienhaus gelebt. Sie soll in Behandlung in den sogenannten Gangelter Einrichtungen, einer Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, gewesen sein und die Station unerlaubt verlassen haben.
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
N.N.
32 Jahre, männlich
Erschossen am 11.10.2024
In Bochum, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Hiebwaffe
Der Mann soll die nach einem Notruf eintreffenden Beamt*innen mit einem Hammer angegriffen haben. Daraufhin zogen diese ihre Dienstwaffen, schossen aber nicht. Da nach Darstellung der Polizei nicht auszuschließen gewesen sei, dass der Mann weitere Waffen hatte, seien Spezialeinsatzkräfte hinzugezogen worden. Diese gaben die tödlichen Schüsse bei der Stürmung der Wohnung ab, nachdem sich der Mann dort verbarrikadierte. Nach ersten Erkenntnissen soll er an Schizophrenie erkrankt gewesen sein.
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
N.N.
Alter: unbekannt, männlich
Erschossen am 05.09.2024
In München, Bayern
Bewaffnet mit Schusswaffe
Vor dem NS-Dokumentationszentrum und dem israelischen Generalkonsulat schoss der Mann am Jahrestag des Olympia-Anschlages von 1972 mit einer Repetierwaffe älteren Baujahrs auf einen Posten des polizeilichen Objektschutzes. Insgesamt fünf Beamt*innen machten daraufhin von ihren Dienstwaffen Gebrauch, Augenzeug*innen sprechen von Dutzenden Schüssen. Der 18-jährige Angreifer wurde tödlich getroffen. Nach dem Notruf waren auch Spezialeinsatzkräfte zum Tatort geschickt worden. Dem Mann wird "eine Nähe zu islamistisch-terroristischem Gedankengut" attestiert. Es habe auch Verdacht bestanden, er verbreite Propaganda für ein terroristisches islamistisches Bündnis in Syrien. Ermittlungen dazu waren aber eingestellt worden.
N.N.
Alter: unbekannt, männlich
Erschossen am 04.09.2024
In Bonn, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Alarmierte Polizeikräfte schossen in der Innenstadt auf den Verdächtigen, nach dem wegen eines Messerangriffs auf eine Frau und einen Mann nach diesem gefahndet wurde. Der Mann wurde schwer verletzt und starb tags darauf im Krankenhaus. Die Opfer seines Messerangriffs soll er gekannt haben. Die Polizei ging von einem Streit unter Bekannten im Obdachlosen-Milieu aus.
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
46 Jahre, männlich
Erschossen am 31.08.2024
In Berlin
Mit 19 Schüssen
Bewaffnet mit Schusswaffe
Laut Polizei soll der Mann auf einem Wohnwagenplatz einen 49-Jährigen mit einer Schusswaffe bedroht haben - eine Druckluftpistole, wie sich später herausstellte. Dieser blieb unverletzt und alarmierte die Polizei, nachdem es ihm gelungen war, den Angreifer zu vertreiben, so die Darstellung. Einem Springer-Medium zufolge habe der 46-Jährige zuvor auch mehrere Sinti*zze und Rom*nja auf dem Gelände des Trailerparks rassistisch bedroht. Spezialkräfte der Polizei hätten den mutmaßlichen Täter in einem Mehrfamilienhaus lokalisiert, in dem sich offenbar viele Sozialwohnungen befinden. Als das SEK die Wohnung betrat, soll der Mann sofort das Feuer eröffnet haben. Die Polizisten schossen daraufhin 19 Schüsse ab. Laut RBB sei der Mann zuvor wegen psychischer Probleme betreut worden.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
33 Jahre, männlich
Erschossen am 28.08.2024
In Recklinghausen, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Nach Polizeiangaben "randalierte" der Mann in einem Mehrfamilienhaus und wurde, nachdem Beamt*innen eintrafen, erschossen. Laut Zeugenangaben habe er "auch ein Messer bei sich" gehabt. Als die Einsatzkräfte eingetroffen seien, habe sich "eine Bedrohungssituation ergeben. "Infolgedessen kam es zu einem Schusswaffengebrauch", so die Darstellung.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
26 Jahre, männlich
Erschossen am 27.08.2024
In Moers, Nordrhein-Westfalen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Nach Darstellung von Polizei und Staatsanwaltschaft war eine Streifenwagenbesatzung am Nachmittag ausgerückt, weil ein Mann Passant*innen tätlich angegriffen und bedroht haben soll. Auch die Beamt*innen sollen von dem Mann mit zwei Messern in den Händen angegriffen worden sein. "Im weiteren Einsatzverlauf kam es zu einem Schusswaffengebrauch durch Polizeibeamte", so die Mitteilung. Laut späteren Medienberichten habe der Mann auf der Straße ""Auf die Bullen! Auf die Bullen!‘" gerufen. Er soll "öfter in der Psychiatrie" gewesen sein und häufiger "Ausraster" gehabt haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
Christine H.
31 Jahre, weiblich
Erschossen am 19.08.2024
In München, Bayern
Mit 4 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Wegen einer angeblichen Körperverletzung hatte eine Anruferin die Polizei alarmiert und das spätere Opfer verfolgt. Die 31-jährige Münchnerin wurde schließlich in einem Supermarkt von der Polizei angetroffen und soll daraufhin „in einem Abstand von wenigen Metern“ ein Messer gezogen haben. Die Beamt*innen hätten Pfefferspray eingesetzt und schließlich geschossen, so die polizeiliche Darstellung. Die Getötete soll Berichten zufolge mindestens dreimal wegen Eigen- und Fremdgefährdung in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen worden sein. Später wurde offenkundig, dass die Frau zuvor eine SMS an einen Bekannten geschrieben hat, dass sie "heute sterben" werde und sich "auf den Weg" mache. Anschließend soll sie ihren ehemaligen Partner und dessen neue Freundin getroffen und mit diesen gestritten haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Innenraum
N.N.
39 Jahre, männlich
Erschossen am 31.07.2024
In Oberkirch, Baden-Württemberg
Bewaffnet mit Stichwaffe
Nach einer Mitteilung seien Einsatzkräfte davon ausgegangen, dass von dem psychisch auffälligen 39-Jährigen in seiner Wohnung "eine Gefährdung Dritter, verbunden mit einer akuten Suizidandrohung ausgeht", schreibt die Polizei zum Hergang. Die Beamt*innen hätten den Mann schließlich blutend vorgefunden. "Nach derzeitigem Sachstand" sei dieser in seiner Wohnung mit einem Messer auf die Beamten losgegangen. "Es kam zum Schusswaffengebrauch", heißt es weiter. Der Mann verstarb noch vor Ort.
N.N.
34 Jahre, männlich
Erschossen am 30.06.2024
In Lauf an der Pegnitz, Bayern
Bewaffnet mit Stichwaffe
Nachdem er drei in einem Fahrzeug sitzende Bundespolizisten bedroht haben soll, wurde der Mann mit iranischer Staatsangehörigkeit von den Beamt*innen erschossen. Er erlag am Einsatzort Bahnhof seinen Verletzungen. Bei der Bedrohungslage sei "auch ein Messer im Spiel" gewesen, sagte ein Sprecher der Polizei. Erst als die drei Beamt*innen ausstiegen, soll er diese damit angegriffen haben, berichtet ein Springer-Medium. Aus Sicherheitskreisen habe es geheißen, dass die Polizei zuerst Pfefferspray einsetzte und einen Warnschuss in die Luft abgab. Der Mann gilt laut dpa als "polizeibekannt", darunter wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Schusswechsel
SEK-Beteiligung
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) erschoss den Mann, der nach Angaben der Polizei das Feuer auf die Beamt*innen eröffnet hatte. Er soll zuvor versucht haben, seinen Vater anzuzünden. Deshalb war die Polizei von Bewohner*innen eines Mehrfamilienhauses alarmiert worden. Das SEK wurde schließlich zur Verstärkung gerufen. Laut Polizei könnte sich der 51-Jährige in einem psychischen Ausnahmezustand befunden haben.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
27 Jahre, männlich
Erschossen am 14.06.2024
In Wolmirstedt, Sachsen-Anhalt
Bewaffnet mit Stichwaffe
Der aus Afghanistan stammende Mann hat mehrere Menschen auf einer privaten EM-Party angegriffen und drei von ihnen schwer verletzt, nachdem er vorbeifahrende Fahrzeuge "angeschrien" hatte. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Magdeburg hat er zuvor bereits in der Nähe einen Mann mit ebenfalls afghanischer Staatsbürgerschaft mit einem Messer erstochen. Mit der Tatwaffe habe er auch die alarmierten Polizeibeamten angegriffen. Der Mann wurde als psychisch auffällig und in einem Ausnahmezustand beschrieben. Er starb im Krankenhaus. Bei der Obduktion soll herausgekommen sein, dass die Schüsse im oberen Halsbereich, im Oberkörper sowie im Lendenbereich getroffen haben sollen. Mindestens einer der Treffer sei tödlich gewesen. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
Mutm. psych. Ausnahmesituation
N.N.
31 Jahre, männlich
Erschossen am 23.04.2024
In Mannheim, Baden-Württemberg
Bewaffnet mit Hiebwaffe
Laut einer ersten Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft soll sich der mit einer Machete bewaffnete Mann, gegen den bereits ein Hausverbot vorgelegen haben soll, im Bereich der Universitätsbibliothek aufgehalten haben. Bereits vor Eintreffen der Streifenwagenbesatzung sei er gegen eine Angestellte der Bibliothek handgreiflich geworden. "In der Folge kam es zu einer Bedrohungslage gegenüber den Einsatzkräften, welche im weiteren Verlauf von ihrer Schusswaffe Gebrauch machen mussten", heißt es dazu vage. Der Angeschossene verstarb schließlich im Krankenhaus. Die Ermittlungen wurden eingestellt.
N.N.
52 Jahre, männlich
Erschossen am 03.04.2024
In Dortmund, Nordrhein-Westfalen
Mit einem Schuss
Bewaffnet mit Hiebwaffe
Laut ersten Zeugenaussagen und der Sichtung von Bodycam-Aufzeichnungen soll der Obdachlose eine etwa 2,5 Meter langen Metallstange aus dem Gerüstbau in der Hand gehalten haben, schreibt das Polizeipräsidium Recklinghausen. Damit habe er einen anderen Obdachlosen traktiert. Nachdem die Beamt*innen eintrafen, habe er mit der Eisenstange gegen die Tür der Reinoldikirche geschlagen. Daraufhin hätten die Beamt*innen "mehrfach" einen Taser eingesetzt. Nachdem dieser jedoch "kaum Wirkung" gezeigt habe, und sich sich "der Beschuldigte mit der erhobenen Eisenstange weiter auf Polizeibeamte zubewegte", habe ein Polizist schließlich einen Schuss aus seiner Dienstwaffe abgegeben. Auf einem Video ist indes zu sehen, dass ein Polizist schoss, während ein anderer Beamter sich auf den Mann zu bewegte und offenbar versuchte, diesem die Stange abzunehmen. Das Opfer erlag seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus. Zwei Monate später hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Todesschützen eingestellt. Der Beamte habe in Notwehr gehandelt, das sei auf Bildern der Bodycam des Beamten sowie Videos von Passanten zu sehen. Der Polizei sei keine andere Chance als der Schusswaffengebrauch geblieben, so der Staatsanwalt.
Verletzte/getötete Beamte
Mutm. psych. Ausnahmesituation
Mutm. famil. oder häusl. Gewalt
Lamin Touray
46 Jahre, männlich
Erschossen am 30.03.2024
In Nienburg, Niedersachsen
Mit 8 Schüssen
Bewaffnet mit Stichwaffe
Laut einer Polizeisprecherin habe es eine "Bedrohungslage" gegeben, da der Mann aus Gambia seine Freundin mit einem Messer bedroht habe, diese habe fliehen können und die Polizei alarmiert. Jedoch widersprechen die Frau und ein Freund dieser Darstellung Tage später. Die Freundin sagt aus, einen Rettungswagen wegen der psychischen Probleme des Mannes gerufen zu haben. Den stattdessen eingetroffenen Beamt*innen habe sie angeboten, das spätere Opfer zu beruhigen. Der Mann habe nicht auf Aufforderungen der Beamt*innen reagiert, heißt es von der Polizei, und den von der Leine gelassenen Polizeidiensthund mit einem Messer schwer verletzt. Schließlich habe er auch die Polizist*innen mit dem Messer angegriffen. Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigt, dass die Polizei zunächst zwei Schüsse, anschließend eine Salve aus weiteren fünf und dann einen achten Schuss abgaben. Alle Projektile trafen den Mann, bestätigte die Staatsanwaltschaft Verden nach der Obduktion, davon seien zwei sogenannte "Wirkungstreffer" gewesen. Unter anderem seien die Leber und das Herz verletzt worden, der Mann sei deshalb sofort gestorben. Eine Polizistin soll außerdem durch einen Schuss am Bein verletzt worden sein. Später hieß es seitens der Polizei, ein Polizist habe Messerangriffe des Mannes mit einem Schild abgewehrt, so zeigten es Aufnahmen einer Bodycam. In einem üblichen Todesermittlungsverfahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 14 beteiligte Polizeikräfte wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Auch ein Nachbar sagte später über den getöteten Mann, dieser habe auf ihn "einen verwirrten Eindruck" gemacht. Im Nachgang wurde bekannt, dass der 46-Jährige zwei Tage zuvor wegen Fahrens ohne Fahrschein von Bundespolizisten auf die Wache am Bahnhof Harburg gebracht worden war. Dort soll der Mann die Beamten mit einem versteckt getragenen Messer attackiert und "Allahu Akbar" gerufen haben. Drei Bundespolizisten sollen dabei verletzt worden sein. Am 26. April wird bekannt, dass die Polizeidirektion Göttingen einem Beamten aus Nienburg, der an dem tödlichen Polizeieinsatz vom Karsamstag beteiligt war, das Führen der Dienstgeschäfte vorläufig untersagt und dienstrechtliche Ermittlungen aufgenommen hat. Der Diensthundeführer hatte rechte und verschwörungsideologische Inhalte in sozialen Netzwerken geteilt und kommentiert. Im September 2024 werden die Ermittlungen zu den tödlichen Polizeischüssen schließlich eingestellt. Laut Staatsanwaltschaft seien alle Deeskalationsversuche ausgeschöpft gewesen, bevor Touray, der Polizist*innen mit einem Messer bedroht habe.
Die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP liefert seit 1978 kritische Analysen zur Politik und Praxis Innerer Sicherheit in Deutschland und Europa.
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Umgesetzt von Johannes Filter und Matthias Monroy
basierend auf jahrzehntelangen Recherchen von
Otto Diederichs und der Bürgerrechte & Polizei/CILIP-Redaktion.
basierend auf jahrzehntelangen Recherchen von
Otto Diederichs und der Bürgerrechte & Polizei/CILIP-Redaktion.