Innenraum
Leon T.
48 Jahre, männlich
Erschossen am 28.11.1998
In München, Bayern
Quellen: auf Anfrage
Ein Mann ruft die Polizei, da sein unter Verfolgungswahn leidender Bruder sich töten wolle. Als die Beamt*innen aus der Wohnung Hilferufe hören, treten sie die Tür ein. Der psychisch Kranke sticht seinen Bruder mit einem Messer; dann greift er die Polizist*innen an. Als der Einsatz von Tränengas erfolglos bleibt, gibt eine Beamtin zwei Schüsse ab. Beide Kugeln durchschlagen den Körper des Mannes; ein Geschoß trifft den hinter ihm stehenden Bruder im Kopf und tötet ihn. Der Angreifer stirbt im Krankenhaus. Die Ermittlungen gegen die 23-jährige Polizistin, die die Brüder erschossen hat, wurden 1999 endgültig eingestellt. Der Generalstaatsanwalt am Münchner Oberlandesgericht wies eine von Verwandten eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss zurück. Ein strafbares Handeln sei der Beamtin nicht vorzuwerfen, urteilte die Anklagebehörde. Nach dem Vorfall begann eine Diskussion über Vollmantelgeschosse, die als derzeitige Standardmunition für deutsche Polizist*innen genutzt werden (Kaliber 9 mm Parabellum). Sie sind von einer harten Stahlschicht umschlossen, was dazu führt, dass sie sich beim Aufprall kaum verformen. Aufgrund dieser Eigenschaft haben sie eine hohe Durchschlagskraft und können bis zu 70 cm organisches Gewebe durchdringen, was eine sogenannte "maximale Hinterlandgefährdung" darstellt. Teilmantelgeschosse haben eine weichere Spitze, die sich beim Auftreffen auf Gewebe verformt. Sie verursachen größere Wunden und bleiben tendenziell früher im Gewebe stecken, wodurch das Risiko für Unbeteiligte hinter dem Ziel verringert wird. Im November 1999 beschloss die Innenministerkonferenz auf Anregung der Gewerkschaft der Polizei die bundesweite Einführung der Deformationsgeschosse.
https://polizeischuesse.cilip.de/fall/cilip-1998-7