Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres hat die Polizei in Südniedersachsen einen flüchtigen Autofahrer erschossen. Nach Angaben der Göttinger Staatsanwaltschaft wurde die Polizei am Karfreitagmorgen alarmiert, da der Fahrer offenbar angetrunken war. Während der Verfolgung wurden drei Straßensperren errichtet, die der Mann jedoch durchbrach. Nach rund 40 Kilometern wurde der Flüchtende schließlich in der Ortschaft Sudheim gestellt. Ein junger Polizist aus Göttingen öffnete mit schussbereiter Pistole die Beifahrertür des Fahrzeugs. Dabei löste sich angeblich "versehentlich" ein Schuss, der den 25-Jährigen direkt ins Gesicht traf, wie die Staatsanwaltschaft berichtete. Bereits im letzten Oktober hatte die Polizei einen 16-jährigen Autodieb erschossen, der aus einer offenen Jugendstrafanstalt entwichen war. Der Göttinger Polizeibeamte wurde vom Amtsgericht Northeim ein Jahr später wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 2750 DM (50 Tagessätze à 55 DM) verurteilt. Das Gericht stellte fest, dass das Vorgehen des 23-jährigen Polizisten auf Probe „eindeutig falsch“ war. Der Einsatz einer gezogenen Pistole sei in dieser Situation nicht angemessen gewesen. Besonders betont wurde die Gefährlichkeit der verwendeten Dienstwaffe („P7“), die bereits durch kräftiges Anpacken der Griffschalen entsichert werden könne. Die Richter wiesen darauf hin, dass auch Personen, die sich rechtswidrig verhalten, darauf vertrauen dürfen, von der Polizei ohne Gefahr für ihr Leben gestoppt zu werden. Die relativ milde Strafe wurde mit dem „nur äußerst leichten Verschulden“ des Beamten begründet. Das Gericht erkannte an, dass der junge Polizist in der hektischen und gefährlichen Lage überfordert gewesen sein könnte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine höhere Geldstrafe von 3850 DM gefordert.